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Carlo Michelstaedter


3.6.1887 - 17.10.1910 Italienischer Philosoph, Maler und Poet. Vorläufer der Existenzphilosophie. Er studierte in Florenz klassische Philologie und Philosophie. Von 1908 bis 1910 arbeitete er an einer Doktorarbeit über die Begriffe Überzeugung und Rhetorik bei Platon und Aristoteles: “Eine von neo-sokratischer Basis aus geführte Auseinandersetzung mit Platon und Aristoteles wird zu einem mit tiefer Leidenschaft verkündeten, die Grenzen eines temperierten akademischen Stils überflutenden Bekenntnis und Aufruf zum Selbstsein.” (Ranke) Wenige Tage nachdem er den Hauptteil der “tesi” in Florenz eingereicht hatte, verschickte er am 16.10. eine Reihe von Anhängen als zweiten Band der Dissertation. Am Abend dieses Tages hatte er im Haus seiner Geliebten Beethoven gehört und ein kleines Landschaftsbild in Öl beendet, ein Geburtstagsgeschenk für seine Mutter, auch beabsichtigte er, noch vor dem Rigorosum ans Meer zu fahren. In den Morgenstunden des folgenden Tages, dem Geburtstag seiner Mutter, erschießt sich der Dreiundzwanzigjährige mit einem Revolver. Hatte M. in seinem Werk den Freitod noch als Flucht vor der Sinnlosigkeit des Weltgetriebes verworfen, dann scheint ihn offenbar doch in einem Moment sensibilitätsbegründeten Versagens jene “idea del suicido” zur persönlichen Katastrophe gewendet zu haben. Ein sog. “suicido filosofico” wird von den Biographen verworfen. Er erschoss sich in einem Affekt, weil er einen Streit mit seiner Mutter kurz davor nicht überwinden konnte. Sein Suizid war gänzlich unvorbereitet; nicht einmal die Tür hatte er abgeschlossen, um den Zutritt von Fremden zu verhindern. Hauptwerk: La persuasione e la retorica (1910); Dialogo della salute (1910). Lit. Pilar Baumeister, Wir schreiben Freitod... Schriftstellersuizide in vier Jahrhunderten. Frankfurt am Main: Peter Lang 2010, 96, 101; Enciclopedia filosofica, 1957, Bd. IV, 588 - 591; J. Ranke, Das Denken C. M.s, in: Zeitschrift für philosophische Forschung 15, 1961, 101 - 123.